Trawöger_

Erfolgsstory: KI füllt Formulare aus

Das Startup F-One und die Spedition Trawöger sparen durch ein gemeinsames Projekt, teure Arbeitsstunden in der Disposition ein.

Nicole Holzer | 05.07.2022

Kaum Fachkräfte, hoher Kostendruck und Brexit-Bürokratie - hier verraten wir, wie digitale Mitarbeiter in der Disposition beim UK-Spezialisten Trawöger Transporte rund 20 Arbeitsstunden pro Woche einsparen. Und wie Corporates von den Ideen und Innovationen von Startups profitieren können.

Mega Aufwand, hohe Fehlerquote 

Der Brexit hat die bürokratischen Hürden für UK-Transporte deutlich erhöht. Vor allem Unternehmen wie Trawöger Transporte, die zu den Marktführern im Segment Großbritannien gehören, haben deutlich mehr Arbeitsaufwand. Grund: Seit Januar benötigen alle Waren, die über die Häfen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien transportiert werden, zwingend eine digitale Warenverkehrsnummer: die Goods Movement Reference (GMR). Dazu loggt sich der Disponent bei der britischen Zollbehörde ein und füllt ein Online-Formular aus. Dazu gehört unter anderem die mehr als 20-stellige Master Reference Number (MRN), die händisch eingetippt werden muss. Ist alles ok, erhält das Unternehmen die benötigte GMR in Form eines Pdf.

Höchste Zeit zum Handeln

Alles in allem dauert die Anmeldung und das Erstellen der GMR pro Transport zwischen vier und fünf Minuten – außerdem ist der Prozess anfällig für Übertragungsfehler. Allein die Spedition Trawöger fährt jeden Monat mit 450 Trailern mehr als 3.500 Transporte über den Ärmelkanal. Im Schnitt werden um die 1.000 Warenverkehrsnummern generiert. Das aufwendige Prozedere hat viele Kapazitäten vom Trawöger Dispo-Team gebunden – und das in einer Zeit in der Fachkräftemangel und Kostendruck zu den größten Problemen der Branche gehören. Höchste Zeit zum Handeln. 

Initialzündung beim Webinar von start121

Doch für etablierte Unternehmen ist es häufig schwer, neue Lösungen zu finden und entsprechende Prozesse dann auch umzusetzen. Schließlich bedeutet eine Optimierung der Abläufe meistens erstmal einen Mehraufwand, der weitere Manpower bindet. Die Lösung: Startups, die Ideen, Innovationen und das Know-how mitbringen. Wie zum Beispiel bei Trawöger im Bereich automatisierte Prozesse. „Das Generieren der GMR ist eine wenig anspruchsvolle und dennoch zeitintensive Arbeit, die von KI-Tools, sogenannten Robotern, übernommen werden kann“, erklärt Artem Fadin, Gründer und Geschäftsführer des Digitalisierungsspezialisten F-One. Die Initialzündung für die Erfolgsstory fand im Rahmen eines Webinars von start121 statt. "Hier haben wir die ersten Projektideen entwickelt und besprochen", sagt Fadin.

Charlie zieht alle Infos ins System

Seit April arbeitet das österreichische Transportunternehmen mit Roboter Charlie von F-One. Dieser wurde gemeinsam mit dem Trawöger-Team innerhalb von sechs Wochen entwickelt und in Betrieb genommen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Laut F-One spart Charlie den Disponenten rund 20 Arbeitsstunden pro Woche. Er kommuniziert mit seinen menschlichen Kollegen per E-Mail und greift direkt in das TMS-System ein, um alle benötigten Informationen zu sammeln und eine Anmeldung bei den britischen Zollbehörden selbständig durchzuführen. Dabei lernt Charlie mithilfe eines Deep-Learning-KI-Algorithmus stetig dazu und kann sogar Informationen aus schief abfotografierten Zollerklärungen in mehreren Sprachen auslesen und verarbeiten. Ein neuronales Netzwerk scannt die Dokumente und zieht alle relevanten Informationen ins System, von wo aus sie dann weiterverarbeitet werden können – ähnlich dem Rechnungsscanner einer Banking-App.

Aufträge erfassen, Zeitfenster buchen und vieles mehr

Zu wenig Fachkräfte und intensiver Wettbewerb führen dazu, dass Transportunternehmen neue Wege gehen. Dazu gehört auch der Einsatz von intelligenten Robotern, die repetitive Büroaufgaben übernehmen. „Mit unseren Robotern versuchen wir Fachkräften im Arbeitsalltag von der Handarbeit zu befreien und ihnen Zeit für Denkarbeit und Kundenkontakt zu schaffen“, erklärt Fadin. Im Einsatz sind derzeit unter anderem Roboter im Einsatz, die in Timocom nach relevanten Spotmarktaufträgen suchen, die E-Mail-Aufträge im TMS-System erfassen oder die ETA berechnet und Zeitfenster in Kundenportalen wie Transporeon buchen. 

Immer neue Ideen

Und es kommen ständig neue Anwendungen dazu. Aktuell arbeitet das Unternehmen an einer Lösung für das Problem der Standzeiten an der Rampe: „Ein neuer Roboter wird die Position der Fahrzeuge mit der Rampe austauschen, Erinnerungen schreiben und Standgelder automatisch fakturieren, um die im Endeffekt die Wartezeiten zu reduzieren“. Fadin ist sich sicher: „In den nächsten fünf Jahren werden digitale Mitarbeiter im Arbeitsalltag üblich, sie werden auch untereinander kommunizieren und komplette Prozesse abwickeln können.“